#15o in Berlin: Viele Menschen, viele Fragen

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Ein Demonstrant mit Guy Fawkes Maske auf der #15o-Demonstration in Berlin

Am 15. Oktober 2011 fanden weltweit Demonstrationen statt, die das enthemmte globale Finanzsystem anprangern, eine Politik im Interesse der Menschen fordern, und allgemein mehr Bürgerbeteiligung verlangen:

In Berlin bewegt sich die Demonstration entlang der Standard-Demo-Route: Alexanderplatz, Unter den Linden, Brandenburger Tor und anschließend zum Kanzleramt bzw. Reichstag.

 

Aus “gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen” ist zu erfahren, dass das Demo-Organisations-Team eine Demonstration mit ca. 350 Teilnehmern angemeldet hatte: Gekommen sind schlussendlich ca. 10.000-15.000 Menschen, die ihrer Empörung auf die Straße tragen. Vermutlich zum Teil ein Effekt der Vorfeldberichterstattung einiger “klassischen Medien”. Die Demonstrations-Teilnehmer bilden einen breiten Querschnitt durch alle Gesellschaftsschichten. Es herrscht eine gute Stimmung. Auffällig ist das sehr überschaubare Polizeiaufgebot sowie das Fehlen von Parteien-Blöcken.

 

Kurz vor dem Brandenburger Tor spaltet sich der Demonstrationszug in zwei Gruppen: Die eine bewegt sich vor das Bundeskanzleramt, die andere verlässt die angemeldete Demo-Route und bewegt sich direkt vor den Reichstag. Hier kommt es zu Tumulten, als einige Demonstrations-Teilnehmer versuchen, die Barrieren vor dem Parlament zu entfernen, die im Herbst 2010 wegen der “Terrorgefahr” dort errichtet worden waren. Die zahlenmäßig weit unterlegene Polizei wirkt überfordert, und reagierte zum Teil mit Pfefferspray.

 

Während dessen gibt es beim zweiten Tross der Demonstration vor dem Kanzleramt ein Open-Mic, wo sich jeder der will, zu Wort melden kann; das Gesagte wird durch das “Menschliche Mikrofon” verstärkt und weitergetragen: Das Niveau der Reden Redebeiträge ist – gelinde gesagt – durchwachsen: “Hallo ich bin die Gisela, …” oder “Bitte besucht meinen Youtube-Channel über Katzen Liebe“. Wenige Beiträge sind durchdacht und/oder haben eine klare Aussage. Es macht ein bisschen Hoffnung, dass nicht alle Bullshit Beiträge vom “Menschlichen Mikrofon” weiterverbreitet werden: So etwa, als jemand monoton beginnt die Worte “Macht” und “Blut” zu wiederholen…

Zum Abschluss des “Open-Mic” spielt noch der “Rebell mit der Mundharmonika” zwei Lieder: Ein “hebräisches Lied über den Frieden” und “Die Gedanken sind frei”.

 

Nach dem Open-Mic-Desaster gehen viele der Anwesenden bereits nach Hause, die übrigen vereinigen sich mit der anderen Demo-Gruppe vor dem Reichstag. Die Stimmung ist zunächst entspannt.

 

Aktivisten aus dem Umfeld der alex11 bzw. Acampada Berlin Bewegung versuchen ein Protstcamp vor dem Reichstag zu errichten. Erste Zelte werden aufgebaut. Einzelne Gruppen der Bereitschaftspolizei stehen zwischen den am Boden sitzenden Menschen. Während die Sonne langsam untergeht, wird die Stimmung angespannter. Die Zelte werden von den Ordnungskräften wieder abgerissen. “Scheiß Faschisten!” brüllt jemand in Richtung der Cops. Die Polizei wirkt überfordert und hin und hergerissen. “Haut ab! Haut ab! Haut ab!” skandieren einige.

 

Inzwischen ist es dunkel geworden. Es sind noch ca. 500-1000 Menschen auf dem Platz der Republik versammelt. Etwas außerhalb stehen “Party-Touristen” mit Kräuterschnaps und einem Bollerwagen mit Sound-System, aus dem der scheinbar obligatorische Berliner-Demo-Techno ertönt. “Ey Mann, ich will eigentlich nur saufen und Mukke hören.“, sagt einer von ihnen.

 

Hilfe! Hilfe!” schreit eine Frau, als sie von der Polizei aus der Menge getragen wird. “Aua!” schreit sie, während sie die Polizisten unsanft über den Boden schleifen. “Warum? Warum? Sagt uns Warum?” skandiert die Menge: “Verweigert die Befehle! Verweigert die Befehle! Verweigert die Befehle!” Nachdem sie alle Zelte “abgebaut” hat, ist die Polizei dazu übergegangen, den Menschen die Isomatten und Sitzunterlagen wegzunehmen. “Eure Kinder werden so wie wir, eure Kinder werden so wie wir…“, singt die Menge.

 

Bleibt ihr heute Nacht hier?” Fragt eine Frau Mitte 50 eine Gruppe, die etwas abseits sitzt. “Naja, mal schauen…” “Ich find’s super, dass ihr hier seid!” “Setzen Sie sich dazu, wir haben Tee und Kaffee…” “Nee, es ist kalt, und ich muss morgen arbeiten… Aber das nächste Mal bin ich wieder dabei!

 

Gegen Mitternacht wird der Platz nach der dritten Aufforderung von der Polizei geräumt…

 

Nach diesem Tag bleiben viele Fragen, einige hat die Piratenfraktion an den Innensenator gestellt.

 

Am Sonntag, dem 16.10.2011, versammeln sich erneut einige hundert Menschen auf dem Platz der Republik vor dem Reichstag, und bilden im Sitzkreis eine Art “außerparlamentarisches Parlament”, aber das ist eine andere Geschichte…


von fab am 18.Okt.2011 in politik

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