‘nem geschenkten Blatt schaut man nicht auf die Zeilen…
Kurz hatte ich überlegt, ob ich etwas über die Gratis-Propaganda von Deutschlands Sturmgeschütz der Dummheit schreiben – es vielleicht sogar analysieren – soll. Ich habe das Ding aus dem Müll gefischt und kurz durchgeblättert: Zu gleichen Teilen Selbstbeweihräucherung und Werbung. Es war die Headline auf der zweiten Seite, die mich zu dem Entschluss brachte, diesem sensationsheischenden Blut-und-Titten-Blatt keine Energie zu widmen.
Ungelesen wanderte das Machwerk wieder an den Ort, an dem ich es fand…
Nichtdestotrotz möchte ich diese 41 millionenfache Verschmutzung der intellektuell-ästhetischen Umwelt aber auch nicht unkommentiert lassen. Hier daher nun zum 60. Geburtstag einige Zitate über den boulevardesk-verdummenden Kläffer der Nation.
Ohne Springer wäre diese Republik heute demokratischer; es gäbe weniger Nationalismus und Rassismus, weniger Polizeistaat, weniger Schnüffler, weniger Misstrauen, weniger Lüge, weniger Prostitution, sexuelle wie politische. Die Bundesrepublik wäre ein friedlicheres Land, nicht so gefährlich für seine Nachbarn und seine eigenen Minderheiten.
Günter Wallraff
Da hat er wieder Bild-Zeitung gelesen. Dieses Drecksblatt, das so widerlich ist, dass man toten Fisch beleidigt, wenn man ihn drin einwickelt.
Volker Pispers
Die BILD -Zeitung ist kein augenzwinkernd zu betrachtendes Trash-Kulturgut und kein harmloses ‘Guilty Pleasure’ für wohlfrisierte Aufstreber, keine witzige soziale Referenz und kein Lifestyle-Zitat. Und schon gar nicht ist die Bild -Zeitung das, als was ihr sie verkaufen wollt: Hassgeliebtes, aber weitestgehend harmloses Inventar eines eigentlich viel schlaueren Deutschlands. Die Bildzeitung ist ein gefährliches politisches Instrument – nicht nur ein stark vergrößerndes Fernrohr in den Abgrund, sondern ein bösartiges Wesen, das Deutschland nicht beschreibt, sondern macht. Mit einer Agenda.
Judith Holofernes
Zum Schluss noch ein Fernsehinterview aus dem Jahr 1986 mit der Philosophen Vilém Flusser über die entlarvende “Ästhetik” der “Bild”.
Die ganze Botschaft, der wir hier entgegenstehen, ist ja in ein magisches Klima der Brutalität gebadet.