Lasset uns beeten #1 – Ein Gemüsegarten entsteht
Die Gurkenstandardisierer der EU wollen sich also großbrüderlich des Saatgutmarktes annehmen und alte, resiliente Sorten, sagen wir mal, weg-bürokratisieren. Soviel zum Thema freie Märkte. Das alles zum Wohle für die Sicherheit des Konsumenten, natürlich. Das hat nichts – aber auch gar nichts – mit dem Lobbyismus der globalisierten Saatgutindustrie zu tun. Gar nichts. Nee, echt nicht.
Da hilft nur eins:
Lasset uns beeten!
Es ist eine Sache, hier auf Schreibstoff Vorträge von Roger Doiron oder Ron – “Get Gangster with your shovel.” – Finley zu feiern. Ohne selbermachen, ohne selberpflanzen ändert sich nichts an der strukturschwachen, monokulturellen Lebensmittelindustrie. Wie sagt Mr. Finley vollkommen zurecht:
So basically – if you wanna meet with me – you know – if you wanna meet don’t call me if you wanna sit around in cushy chairs and have meetings where you talk about doing some shit. Where you TALK about doing some shit! If you wanna meet with me come to the garden. With your shovel. So we can plant some shit. PEACE.
Hier also mein erster Beitrag dieses Jahr – digital und in der Erde – zur dezentralen Versorgungssicherheit. Es wird sicher nicht mein Letzter sein.
Ein Gemüsegarten entsteht
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass es beim Anbau vorwiegend auf die Zusammensetzung des Bodes ankommt. Macht auch Sinn: Auf die Sonnenintensität bzw. den Regen hat man als Gärtner keinen relativ wenig Einfluss. Das erste Ziel eines jeden Gärtners sollte also die optimale Zusammensetzung des Bodes sein. Wieder Ron Finley:
To change the community, you have to change the composition of the soil.
In der Permakultur schwören die Bauern q.e. Designer auf Hügelbeete. Aber was tun, wenn man weder genug Boden noch genügend Platz hat für Hügelbeete? Die Antwort ist ganz einfach: Kernbeete.
Nachdem ich die Außenbefestigung für die Beete gebaut habe, habe ich zunächst einen Graben ausgehoben, den ich anschließend mit Ästen, Gras und Grünschnitt wieder aufgefüllt habe (siehe Bild oben). Das Zeug kann jetzt lustig vor sich hin verrotten, und so Nährstoffe und Energie an den Boden abgeben.
Anschließend geht es um die Frage, wie man den Boden aufbaut: Ich habe mich dafür entschieden, eine Komposition aus verrottetem Gras, Kompost, Sägespänen und Mutterboden zu wählen. Das sollte so ganz gut funktionieren. Für die Durchmischung werden die Regenwürmer, die ich in Massen im Beet angesiedelt habe, schon sorgen.
Und jetzt kommt der beste Teil: Das Pfanzen. Ein Freund hat mir vor einem Jahr vom Planters-High erzählt: Dem Glücksgefühl, dass sich einstellt, wenn man selber etwas angepflanzt hat. Was soll ich sagen? Der Mann hat Recht! (Und: Ich glaube es macht süchtig ;-)
Jetzt, wo die Kleinen gut im Boden stecken, sollte man sie noch zudecken. Mulchen: Beim Mulchen geht es darum, den Boden vor der Austrocknung zu schützen. Wenn der Boden ungeschützt in der Sonne steht, trocknet er aus und das Leben im Boden, das die Pflanzen unterstützt, wird erschwert. Ich habe meine Beete daher mit Gras aus dem Rasenmäher gemulcht.
So ist der Boden geschützt, das Gras verhindert gleichzeitig, dass Planzen wachsen können, die man im Beet nicht haben will: “Unkraut”. Das Ganze hat noch einen Vorteil: Auch das Gras verrottet und bildet Humus, der wiederum den Boden düngt:
Dann habe ich Pflanzen, die besonders viel Wärme/Energie brauchen, noch mit Tonscherben umgeben. Die Tonscherben liegen tagsüber in der Sonne, nehmen Wärme/Energie auf, die sie anschließend Abends/Nachts an die Pflanzen abgeben können. Unterm Strich erhalten die Pflanzen so mehr Energie.
Pflanzenbrutpflege, oder: Setzlinge selber ziehen
Als autodidaktischer Gartenbauneuling – ich mache das erst im dritten Jahr – habe ich noch nicht wirklich viel Ahnung, und probiere einfach aus. Angefangen hat meine Gartenpassion damit, dass ich ein paar gekeimte Kartoffeln übrig hatte, die ich in die Erde gesteckt habe. Einfach um zu sehen, was passiert. Im Herbst hat es immerhin für eine Portion peruanischer Kartoffeln gereicht… vor allem aber war meine Lust aufs Gärtnern geweckt.
Seitdem schaue ich mir Dokumentationen zum Thema an, spreche mit Pflanzern, lese ab und zu Texte über Permakultur, und dann wird gebuddelt und gepflanzt. Trial and Error, sozusagen.
Einen Teil der Pflanzen habe ich als Setzlinge im Blumenmarkt gekauft, die anderen auf der Fensterbank selbst aus Samen gezogen, und anschließend ausgewildert.
Für einen Salat sollt’s reichen
Brokkoli, Gurken, mehrere Tomatensorten, Erbsen, Bohnen, Paprika, Knoblauch, Zwiebeln, mehrere Salatsorten, Auberginen, Kolrabi, Kartoffeln, Kürbisse, und, und, und…
Ich bin sehr gespannt, wie sich das alles entwickeln wird, und werde hier weiter berichten. Wenn es gut läuft, sammele ich im Herbst dann selbst die Samen für das nächste Jahr.
Ein Hoch auf krumme, natürliche Gurken
Die Lebensmittelversorgung und auch der Saatgutmarkt sind viel zu wichtig, als dass wir sie allein den lobbykonformen, Gurkenstandardisierungs-ExpertenBürokraten überlassen sollten!
Wenn Ihr es nicht ohnehin schon längst tut ist jetzt ein guter Moment, um mit dem Gärtnern anzufangen. Begrünt Eure Balkone, besorgt Euch einen Schrebergarten, fangt an mit Urban Gardening, oder grabt den Garten Eurer Eltern um. Vor allem: Züchtet und vermehrt alte Sorten. Sammelt selbst Samen und tauscht sie. Die Zeit ist jetzt, der Ort überall da, wo’s schön ist. Lasset uns beeten.
Ein Gemüsegarten wie dieser lässt sich auf dem Balkon natürlich nicht realisieren. Aber auch in der Stadt gibt es viele Möglichkeiten, eigene Nahrung anzubauen. Im zweiten Teil der “Lasset uns beeten” Reihe wird es daher um eine Fensterbankfarm gehen.