Die unendliche Affäre

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Christian Wulff gerät immer mehr in Erklärungsnot Foto: Europäische Union (CC BY-NC-ND 2.0)

Für einen Moment war es ruhig. Trotz all der Vorwürfe schien es auf einmal, als hätte die mediale Aufmerksamkeit ihre Suchscheinwerfer von ihm gerichtet. Doch sollte sich Christian Wulff bereits gefreut haben, diese ‚Angelegenheit’ überstanden zu haben, so hat er sich wohl zu früh gefreut. Schon Ende des Jahres – erst recht jedoch seit gestern – ist wieder das ganze Licht der Öffentlichkeit auf ihn gerichtet:

 

Und dies vollkommen zu recht, betrachtet man die neuesten Vorwürfe gegen Christian Wulff. Zuerst wurde bekannt, dass sein Kredit bei der BW-Bank zu besten Konditionen von seinem vorherigen Quasi-Kreditgeber Egon Geerkens eingefädelt wurde. Danach kam immer mehr der Verdacht auf, dass dieser überaus günstige Kredit mit Wulffs beherztem Einsatz bei der Porsche-Übernahme durch VW zusammen hängen könnte. Beides Punkte, die die Kritik am Bundespräsidenten wachsen lassen.

Das Fass zum überlaufen bringen aber schlussendlich Wulffs Anrufe bei der BILD-Zeitung und dem Springer-Verlag. Ihm wird der Versuch unterstellt so gegen die erste Veröffentlichung zu seinem Privat-Kredit interveniert zu haben – ohne Erfolg wie wir heute wissen. Kein Wunder, sprach Wulff ja auch nur aufs Band von – unter anderem – Bild-Chefredakteur Kai Diekmann. Die Tatsache, dass er dies getan hat und so versucht hat, der Pressefreiheit ein Schnippchen zu schlagen, ist unerhört für eine Person seines Amts. Erst recht aber die Art und Weise wie er dies getan hat. Das sind entsetzliche Drohgebärden, die nicht ins Repertoire eines Bundespräsidenten gehören dürfen und allem, wofür er als Bundespräsident stehen sollte, widersprechen.

 

Der Wert, den seine Aussage „ich weiß und finde es richtig, dass die Presse- und Informationsfreiheit ein hohes Gut ist in unserer freiheitlichen Gesellschaft“ unter diesen Gesichtspunkten noch hat, dürfte gegen Null tendieren. Dazu trägt auch bei, dass mit jeder weiteren Enthüllung die Offensichtlichkeit der bewussten Verschleierung und Fehlinformation umso größer wird. Doch damit steigt auch quasi täglich der Schaden, den er sich selbst zugefügt hat. Dieser Schaden ist mittlerweile immens, das sollte auch Christian Wulff langsam einsehen. Unter den derzeitigen Bedingungen kann er seine Lage durch weitere Verzögerung und Verschleierung nur noch verschlechtern. Will er den Schaden für sich, seine Partei und das Amt des Bundespräsidenten nicht noch größer machen, so sollte er schnellstens zurücktreten. Wenn er das nicht einsehen will, so ist es auch Aufgabe der Kanzlerin, ihn darauf hin zuweisen. Denn dass weitere Tatsachen ans Licht kommen werden, wird immer wahrscheinlicher. Da hilft auch kein Verschleiern mehr.


von chris am 03.Jan.2012 in politik

1 Kommentar


  1. Irgendwas ist seltsam an der Nummer: Da hat die größte deutsche Boulevardzeitung Audio-Aufnahmen(!), wie der erste Mann im Staate probiert die Pressefreiheit zu unterminieren, und bringt diese Geschichte nicht selbst? Soweit ich die Nachrichtenlage überblicke, hat die Bild die Geschichte gestreut, und nicht selber publiziert. Wieso?
    Und die wohl wichtigste Frage: Was hat Wulff getan, um Springer gegen sich aufzubringen?

    Sollten sich die kumulierten Vorwürfe gegen den Bundespräsidenten bestätigen, muss er zurücktreten. Dennoch haftet der Geschichte ein gewisser Hautgout an…

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