Die Linke: Zurück in die Zukunft?

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Bald vielleicht wieder in der politischen ersten Reihe zu finden: Oskar Lafontaine, Foto: Volker Bohn (CC BY-ND 2.0)

Die Nachricht geht seit wenigen Tagen um: Oskar Lafontaine plane sein politisches Comeback. Danach sieht er nicht nur eine Kandidatur als Abgeordneter für die nächste Bundestagswahl vor, sondern auch das Bestreiten eben jenes Wahlkampfs als Spitzenkandidat seiner Partei Die Linke. Er wäre damit wieder einmal zurück auf der großen bundespolitischen Bühne. Von dieser zog er sich aufgrund einer Krebserkrankung 2010 das letzte Mal zurück. Fortan saß er nur noch für die Linke im saarländischen Landesparlament, was getrost als Vorruhestand des 68-jährigen bezeichnet werden konnte. Umso überraschender klingen daher nun die Nachrichten, die von einer baldigen Rückkehr Lafontaines in die erste Reihe seiner Partei und der bundesdeutschen Politik berichten. Damit hätte wohl selbst bei Lafontaine kaum jemand mehr gerechnet.

 

Dass ein in den letzten 20 Jahren so bedeutsamer Politiker, der bis heute polarisiert wie kaum ein anderer, wahrscheinlich nicht mehr ohne den Politikbetrieb kann und im Saarland wahrscheinlich nur eingehen würde, scheint nachvollziehbar. Zu lange hat er die gesellschaftlichen Diskurse in Deutschland mitbestimmt und befeuert, als dass er sich jetzt so einfach zurückziehen könnte und auf die alten Tage die Ruhe ein wenig mehr genießen könnte. Neben dieser Unruhe scheint es aber wohl noch einen anderen Grund für seine vermeintliche Rückkehr zu geben. Es muss eine tiefe Unzufriedenheit Seitens Lafontaines über den aktuellen Parteikurs geben, weshalb er Die Linke, sein ‚Kind’, in Gefahr sieht. Gleichzeitig muss es jedoch auch genug Stimmen in der Partei geben, die einen solchen Schritt ebenfalls herbeisehnen, in der Hoffnung, Lafontaine führe sie zu guten Zeiten und Wahlergebnissen zurück.

 

Daraus lassen sich jedoch die zwei entscheidenden Probleme der Linken ableiten, die einiges über den Zustand der Partei preisgeben: Da wäre zunächst, dass der aktuelle Kurs der Partei gelinde gesagt alles andere als souverän wirkt. Seit Klaus Ernst und Gesine Lötzsch die Parteiführung übernommen haben kriselt es überall. Die Partei ist vier Jahre nach ihrer Gründung immer noch tief gespalten zwischen der ostdeutschen PDS und der westdeutschen WASG. Während der ostdeutsche Parteiflügel bestrebt ist pragmatische Ansätze zu verfolgen, bleibt der deutlich radikalere West-Flügel bis heute strikt auf Oppositionskurs, um nur ein Beispiel für die unterschiedlichen Ideen der Flügel zu nennen. Außer diesen Grabenkämpfen finden Diskussionen über politische Inhalte aber kaum statt. Bis heute sucht die Partei nach einem Parteiprogramm. Stattdessen dominieren Personaldebatten, wie jetzt auch die Lafontaine-Nachricht, die Partei nach innen und außen. Oder kann sich jemand außer „Weg mit Hartz IV“ und „Raus aus Afghanistan“ an programmatische Ziele der Linken erinnern?!

 

Die Linke-Parteivorsitzenden Lötzsch und Ernst: Es fehlt junges fähiges Personal, Foto: Die Linke (CC BY2.0)

Viel prägnanter sind da in letzter Zeit die Wörter ‚Lötzsch’, ‚Ernst’, ‚Porsche’, ‚Fidel Castro’, ‚Mauerbau’. Besonders bei dem Glückwunschbrief zu Fidel Castros Geburtstag und den Aussagen zum Mauerbau bewies das Führungsduo nicht den Hauch von politischem Gespür. Stattdessen schafften sie es so noch selbst bei vielen wohlwollenden Betrachtern nur noch Kopfschütteln hervorzurufen. So ist es kein Wunder, dass die Partei zurzeit von Wahlniederlage zu Wahlniederlage eilt. FDP-Verhältnisse sind aufgrund eines festen Wählerstammes zwar noch weit entfernt, doch auf ein Ende dieses Trends deutet gegenwärtig auch nichts hin. Auch bundesweit ist die Partei von einstigen Umfragespitzenwerten von 12% weit entfernt und liegt derzeit nur bei 7%.

 

Und hier kommt also Oskar Lafontaine ins Spiel. Der große alte Mann der linken Politik in Deutschland soll es also richten, die Partei aus dem Dauerstreit befreien und zurück zu besseren Zeiten führen. Doch der als „Hoffnungsträger“ der Linken auserkorene ist bereits 68 Jahre alt und wird bei der Bundestagswahl 2013 schon 70 sein. Sieht so ein Hoffnungsträger aus?! Damit sind wir jedoch direkt beim zweiten entscheidenden Problem der Partei. Es fehlt junges fähiges Personal. Wie sonst ist zu erklären, dass 2013 nun wahrscheinlich mit Oskar Lafontaine und Gregor Gysi ein 70- und ein 65-Jähriger den Wahlkampf führen sollen?! Kein Vorwurf an die beiden Herren. Sie sind beide mehr als verdiente und äußerst eloquente Verfechter linker Politik. Aber nach Zukunft sehen sie beim besten Willen nicht mehr aus. Sie werden sie wohl trotzdem verkaufen müssen, denn fähiger Ersatz scheint weit und breit nicht in Sicht. Mit einer derartigen Rückholaktion Lafontaines würde das Problem jedoch nicht angegangen, sondern einfach verschoben auf die Zeit der nächsten Wahl, die dann wahrscheinlich 2017 stattfinden wird. Bis dahin dürfte es aber noch viel größere Ausmaße angenommen haben und wahrscheinlich bereits ein irreparabler Schaden entstanden sein: Ein Mangel an fähigem Personal, der auf Dauer nicht zu kaschieren ist und die Partei nur in noch größere Probleme stürzen wird.

 

Da mag ein wohlmöglich erfolgreicher Wahlkampf 2013 mit Lafontaine noch so verlockend wirken. Eine Lösung der Probleme stellt er in keinem Fall dar. Wobei aber sogar fraglich ist, ob der nächste Wahlkampf überhaupt erfolgreich verlaufen würde: Einen 70-jährigen Oskar Lafontaine. So stellen sich wohl die wenigsten die Zukunft des Landes vor und würden ihn wohl nicht wählen. Außer vielleicht die 70-jährige Stammwählerschaft der Linken…

 


von chris am 05.Okt.2011 in politik

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