Nicht der beste, aber der geeignetste Weg

6

Diese Konstelation würde dann wohl seltener vorkommen - oder vielleicht auch mal andersherum?
Foto: diepuppenstubensammlerin (CC BY-NC-SA 2.0)

Im Frühjahr letzten Jahres war das Thema auf einmal ziemlich en Vogue. Überall wurde über eine gesetzliche Geschlechter-Quote für die Führungsetagen deutscher Unternehmen diskutiert. Dann ebbte das Thema wieder ab. Mit der Euro-Krise hatten die Medien genug zu tun und konnten/wollten sich nicht mehr um derartige ‚Kleinigkeiten’ kümmern.

 

Damit ist nun aber wieder Schluss, denn die Quote hat es zurück auf die Tagesordnung geschafft. Diesmal geht die Diskussion aber nicht von der Nicht-Existenz von Frauen in den Führungsetagen der DAX-Unternehmen aus. Stattdessen bezieht sich die Forderung dieses Mal auf einen anderen Berufsbereich. Den der Medien.

 

Offener Brief mit ersten Erfolgen

 

Denn in einem offenen Brief an Verleger, Chefredakteure und Intendanten fordern zahllose Journalistinnen und ein paar Hand voll Journalisten nun eine Frauen-Quote von mindestens 30% in journalistischen Führungspositionen. Denn so sehr viele Zeitungen und Magazine auch auf die DAX-Unternehmen und ihre unterirdischen Frauenanteile in den Spitzenpositionen eindroschen, bei den meisten von ihnen sieht es selbst nicht besser aus. Gutes Beispiel hierfür ist DER SPIEGEL, wo schon ein kurzer Blick ins Impressum ausreicht, um zu sehen, dass es dort mit Frauen in hohen Positionen nicht sehr weit her ist.

 

Das soll durch den neuen Aufruf nun geändert werden. Und erste Erfolge scheint dieser auch schon zu haben. So sprach sich beispielsweise der Chefredakteur des Handelsblatts, Gabor Steingart, klar für die Quote aus. Auch Giovanni di Lorenzo gelobt im Namen der ZEIT Besserung und würde es als „peinlich“ empfinden, diese Ziele nicht umgesetzt zu bekommen.

 

Der Druck kann noch erhöht werden

 

Und damit der Druck auf die Führungspersönlichkeiten der Medien noch weiter zunimmt, kann man die veröffentlichte Aufforderung per Unterschrift auf pro-quote.de auch selber unterstützen. Bisher sind es schon über 1000 Unterstützer (auch der Autor dieser Zeilen), aus verschiedensten Bereichen (wobei auch hier der weibliche Teil exorbitant höher ist als der männliche). Den persönlichen Angaben nach zu schließen kommen auch hier viele von den großen etablierten Medien. Aber zu den Unterstützern zählen auch einige, die mit dem Bereich Journalismus und Medien nicht viel zu tun haben.

 

Doch sie alle haben gute Gründe sich dieser Forderung anzuschließen, denn das Anliegen ist ein dringendes und wichtiges, für das es viele Argumente gibt. Ganz zentrale nennt dabei Giovanni di Lorenzo in seinem Leitartikel in der aktuellen ZEIT. Denn da es jedes Jahr mehr Journalistinnen gibt, so sagt er, ist „die Diskrepanz zwischen ihrer Präsenz und ihrer Beteiligung an der Macht in Redaktionen […] nicht zu rechtfertigen“. Diese Beteiligung wird jedoch weiterhin in vielen Fällen möglichst klein gehalten, da letztlich fast immer Gründe gefunden werden, die Führungsetage als reine Männerveranstaltung bestehen zu lassen. Da können Frauen oft auch noch so qualifiziert sein, Chancengleichheit erfahren sie nicht. Weshalb di Lorenzo zu Recht fragt: „Was also, wenn guter Wille und gute Frauen allein keine guten Ergebnisse erzielen?“, nur um die Antwort gleich selbst zu geben: „Dann ist eben doch die Zeit für eine Quote gekommen“. Eben.

 

Die Quote, (nur) eine gute Brückentechnologie

 

Denn wenn sich von alleine an dieser Sache nichts ändert, dann muss eben (politischer) Druck ausgeübt werden, um Veränderungen zu erwirken und Ziele zu erreichen. Das eine Quote keine optimale Lösung ist, ist klar. Natürlich wäre es viel besser, Chancengleichheit ohne Quote zu erreichen. Eine solche Quote kann immer nur das letzte Mittel sein. Aber wenn auf das Wohlwollen der Verantwortlichen eben nicht mehr zu hoffen ist, muss eben auch zu diesem letzten Mittel gegriffen werden, um ein Mehr an Chancengleichheit zu erreichen.

 

Dabei ist klar, die Quote ist „kein Ziel an sich“, wie di Lorenzo sagt. Die Quote ist immer nur Brückentechnologie. Aber letztendlich doch die beste Möglichkeit, diese Ungerechtigkeit zügig einzudämmen und zu überwinden. Im besten Fall macht sie sich also selbst schnellst möglich überflüssig.

 

Denn die Erfahrung der gemeinsamen Arbeit mit Frauen in der Führungsetage, würde wohl die meisten Kritiker davon überzeugen, dass ihre bewusste oder unbewusste Ablehnung von Frauen in solchen Positionen falsch war. Weshalb in Zukunft dann wohl auch ohne Quote die Personalentscheidungen viel öfter zugunsten von Frauen ausfallen würden. Ob die Postenverteilung im Einzelnen dann nachher 50:50, 55:45, 40:60 ausfallen würde, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Was es zu erreichen gilt, ist die bisher fehlende Akzeptanz und Wertschätzung für Frauen und damit Chancengleichheit und Gleichberechtigung.

 

Dies zu erreichen, ist die Quote derzeit wohl der geeignetste Weg. Wer das auch so sieht, bitte unterstützen!


von chris am 02.Mrz.2012 in leben

6 Kommentare


  1. Phil sagte am 3. März 2012 um 02:08

    Na, das richtet sich doch auch an euch,
    Von den allen Posts auf schreibstoff sind nur 1,5% von Frauen geschrieben worden.

    Ich fordere:
    30 % Frauenanteil in der Chefredaktion von Schreibstoff.
    Eine radikale Umstrukturierung der Autorenschaft und
    neue Sparten, die speziell Frauen ansprechen.

  2. Tobias sagte am 3. März 2012 um 18:53

    Ein neuer Artikel und das Universum ergibt wieder Sinn!

    Ich finde nicht, dass eine Quote die Lösung sein kann. Die Veränderung ist nötig und an der Zeit, aber eine Quote ist auf jeden Fall nicht der richtige Weg.

    Wann verstehen die Menschen denn, dass man Diskriminierung nicht durch Gesetze und Gegendiskriminierung bekämpfen kann.

    Ich empfinde Regelungen wie „Bei gleicher Qualifikation werden Frauen bevorzugt eingestellt“ nicht als Formulierung im Sinne der Gleichberechtigung. Es ist eher ein Pendel, das – mal wieder – in die andere Richtung schwingt. Unabhängig davon, dass man über die Begrifflichkeit der „gleichen Qualifikation“ streiten kann, wäre ich doch sehr für eine Regelung à la:
    „Bei gleicher Qualifikation entscheidet das Los“ oder „Bei gleicher Qualifikation wird Schnik-Schnak-Schnuk gespielt.
    So wie es ist, werden Männer diskriminiert.

    Genauso verhält es sich mit der Quote. Eine Frauenquote wird bestehende Ressentiment gegen Frauen nicht abbauen, sondern stärken. Eine Frau an der Spitze wird – nach Einführung einer Quote – nicht mehr als qualifiziert und gut in ihrem Job wahrgenommen werden, sondern als Quotenfrau. Sie wird auf ihr Geschlecht reduziert, statt für ihre Fähigkeiten anerkannt zu werden.

    Das Verhältnis von Frauen in den Führungsetagen (egal ob Dax oder Medien) wird sich verändern, aber das braucht Zeit und Aufklärungsarbeit – nicht Gesetze. Die ewig gestrigen, die Frauen für minderwertig oder weniger qualifiziert halten werden aussterben, wenn man Aufklärung im Sinne einer modernen Gesellschaft leistet. Man muss Werte leben und sie vermitteln. Man muss sie erklären statt sie zu oktroyieren. Nur so wird sich langfristig etwas verbessern.

    In diesem Sinne contra-quote!

  3. chris sagte am 6. März 2012 um 03:06

    @ Phil
    Deine aus deiner Quotenablehnung resultierende, halbernst gemeinte Forderung läuft wohl etwas ins Leere, da man die beiden Sachen wohl nicht miteinander vergleichen kann.

    Ansonsten hast du aber Recht. Ich würde auch gerne noch mehr Frauen im Autorenteam begrüßen!

    @ Tobias
    Ich bin der letzte, der eine Quote fordern würde, wenn ich sähe, dass es auch ohne sehr gut klappen würde und deine allgemeine Quotenkritik ist an sich auch berechtigt. In diesem Fall sehe ich aber einfach nicht, dass sich (in nächster Zeit) ansonsten etwas an den aktuellen Verhältnissen ändern würde. Auf so viel Wohlwollen ist bei den Entscheidenden in der Wirtschaft einfach noch lange nicht zu hoffen. Vielmehr hat sich da leider viel zu oft gezeigt, dass es da eine elitäre männliche Gruppe gibt, die sich stets selbst reproduziert und dementsprechend veränderungsresistent ist.
    Die aktuelle Linie unserer sog. Familienministerin Schröder ist es ja, nicht auf die Quote zu setzen, sondern von der Wirtschaft zu fordern, sich freiwillige Selbstverpflichtungen in Sachen Frauen in den Vorständen zu setzen. Das Ergebnis bisher: (Natürlich) enttäuschend.
    Zudem denke ich, dass es sich im aktuellen Fall auch keineswegs um irgendeine Diskriminierung von Männern handelt. Es wird gefordert, dass mindestens 30% der Angestellten in Spitzenpositionen der Medien Frauen sein sollen. Keine 50 und erst recht nicht noch mehr. So wirkt es aber, wenn in diesem Fall gleich wieder von der Diskriminierung von Männern die Rede ist. Die in der derzeitigen Situation kommt es jedenfalls zu häufig noch Diskriminierung von Frauen. Und ich weiß nicht, wieso diese im Gegensatz dazu weiterhin hingenommen werden sollte.
    Auch sage ich ja nicht, dass die Einhaltung der Quote für immer oberstes Gesetz sein solle. Im Gegenteil, es ist eine Übergangslösung und wird auch nie mehr sein. Aber eben meiner Meinung nach diejenigen Lösung, die den Übergang am schnellsten schafft. Ich glaube daher auch nicht, dass es dadurch zu einer Stigmatisierung von weiblichem Spitzenpersonal als Quotenfrauen kommen würde. Vielleicht in Einzelfällen zu Beginn. Aber die Praxis im täglichen Miteinander sollte die meisten Vorurteile besser ausräumen können, als es all unsere gut vorgelebte Theorie jemals könnte.
    Ich hatte neulich eine Unterhaltung mit einer Frau, die jahrelang selbst Gegnerin einer solchen Quote war. Eben deshalb, weil sie keinen Posten ‚geschenkt’ bekommen wollte, sondern ihn sich durch Leistung verdienen wollte. Doch je mehr Ausbildungszeit verging und sie merkte, dass sie selbst mit ihrem guten Uni-Abschluss und ihren (außerordentlich guten) Fähigkeiten nicht so gute Aussichten auf dem zukünftigen Jobmarkt haben würde, in jedem Fall aber fast immer schlechtere als gleich oder sogar schlechter qualifizierte Männer, desto mehr tendierte auch sie zur Quote.
    Und da kann ich sie einfach verstehen.

  4. Phil sagte am 12. März 2012 um 15:52

    Naja, ich habe mich in dieser Minenfeld-Thematik bisher bewusst neutral gehalten,
    meine Haltung ist ebenfalls nicht komplett gegen die Quote:

    Die meisten Forderer der Quote und Di Lorenzo sind sich der Beschränktheit dieser Lösung bewusst
    und auch der Autor verschweigt nicht, dass es nicht der beste Weg ist.
    Es steht eine Behauptung im Raum, die erstmal zu prüfen wäre: Nämlich dass es keine andere Lösung gibt.

    Im Anbetracht der Situation, dass es hier um eine Medien-Repräsentanz-Frage geht,
    (daher: “Kann eine Personengruppe die Gesellschaft widerspiegeln, die sehr einseitig aufgebaut ist”)
    finde ich eine Minimalforderung an Ausgeglichenheit verständlich.

    Die große Gefahr besteht dann allerdings darin, dass die beschränkte Quotenregelung dann auch in anderen Bereichen Zustimmung findet, in der diese Notwendigkeit nicht besteht.

  5. mykheme sagte am 20. April 2012 um 16:43

    aus wissenschaftlicher sicht verhält es sich so, dass männer und frauen unterschiedlich kommunizieren und männer daher zum gleichen geschlecht tendieren, was einstellungen betrifft, weil sie leichter vertrauen fassen können und diese auch besser verstehen als frauen. umgekehrt ist es genauso. als frau tendiert man immer mehr zu frauen, weil gleiche themen, gleiche körpersprache etc.
    im buchhandel arbeiten satte 80% frauen, tendenz steigend, inkl. führungspositionen.
    wer gleichberechtigung in führungspositionen will, sollte in den vorstellungsgesprächen je einen mann und eine frau gleichzeitig das interview führen und abwägen lassen wer nun am besten in das unternehmen passt. (apple macht das so)
    oder vielleicht wäre es auch mal an der zeit die demokratie in den bisher diktatorisch geführten unternehmen einziehen zu lassen ;)

Lass mal was da im Kommentarformular...


Mit dem Abschicken Deines Kommentars
akzeptierst Du die Nutzungsbedingungen