Ein Schritt in die richtige Richtung
Der Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) hat bekannt gegeben, dass es vorerst keine Mieterhöhungen für Wohnungen der landeseigenen Wohnbaugesellschaften geben wird. Von den Wohnungsbaugesellschaften (Degewo, WBM, Stadt und Land, Howoge, Gewobag und Gesobau) waren diese in Aussicht gestellt worden, nachdem bereits vor der Berlinwahl geplante Mieterhöhungen auf Druck von Klaus Wowereit aufgeschoben wurden. Diese sollten nun also nachgeholt werden, um die Mieten dem allgemeinen Berliner Mietspiegel anzugleichen. Daraus wird jedoch erst einmal nichts, wie Michael Müller klarstellt: „Pauschale Mieterhöhungen wird es mit mir nicht geben“, sagte der neue Senator der taz.
Ganz neue Töne sind das aus dem Berliner Senat, mit denen wohl die wenigsten gerechnet hätten. Nicht mal im Wahlkampf haben Klaus Wowereit und seine SPD deutlich machen können, dass bei ihnen Mietpreissteigerungen und Gentrifizierung oben auf der Agenda stehen. Stattdessen fand der Umgang mit diesem Thema oft eher halbberzig statt. Gleichzeitig tätigte Wowereit Aussagen wie die, dass Mietpreiserhöhungen in attraktiven Vierteln gut sind und dazugehören. Diese Wowereit-SPD schickte sich an, die Regierung gemeinsam mit einer CDU zu bilden, die als einzige im Senat verbliebene „nicht-linke“ Partei vor allem für ihre Willmersdorfer Klientel Politik machen würde. Man konnte also auf das schlimmste gefasst sein und sich auf fünf dunkle rot-schwarze Jahre einstellen.
Dass es nun Hoffnung gibt, dass dies nicht in allen Bereichen eintreffen muss, zeigt das Beispiel Müller, der das Problem entschiedener anzugehen scheint als seine Vorgängerin Ingeborg Junge-Reyer (Die Linke) in sieben Jahren Amtszeit. Doch dafür darf es nicht bei diesem einen kurzfristigen Eingreifen bleiben. Es war ein wichtiges Eingreifen und ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, jedoch wird dieser auf Dauer nicht ausreichen. Denn den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften müssen vom Senat langfristig enge Spielregeln gesetzt werden. So darf es beispielsweise nicht Aufgabe dieser Gesellschaften sein, Rendite zu erzielen und sich dem allgemeinen Tempo der Mietsteigerungen in Berlin anzupassen. Vielmehr stellen sie eine der letzten Möglichkeiten dar, die vorhandenen Gentrifizierungsprozesse zu bremsen.
Die Frage ist so auch, wie Müllers Satz „Wir wollen die Mieten mehr an den individuellen Möglichkeiten der Mieter orientieren“ zu verstehen ist. Wenn er diesen ernst meint und entsprechende, präzise Gesetzesformulierungen zu dessen Umsetzung vorlegt, könnte Müller ein echter Gewinn für Berlin und seine Mieter sein. Erfolgt eine solche Gesetzgebung nicht, könnte aber auch das genaue Gegenteil eintreten, wie Reiner Wild, Geschäftsführer des Mietervereins entgegnet: „Wenn in der Innenstadt mehr verlangt wird als in den Außenbezirken, fördert das die Segregation“, sagte er dazu bei der taz. Denn genau das ist die Gefahr, wenn solche Überlegungen nur mit zu allgemeinen Gesetzestexten einhergehen. Der Spielraum könnte so immer noch von den Wohnungsbaugesellschaften ausgenutzt werden.
Hoffen wir also, dass das Einschreiten von Herrn Müller kein Strohfeuer war, sondern er sich auch in Zukunft entsprechend engagiert und mit der nötigen Präzision dem Problem Mietsteigerungen widmet.