Die feinen Unterschiede #5 – Winter: Sibirien in Südfrankreich

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Das soll Südfrankreich sein?! : Der Hauptbahnhof von Toulouse im Schnee

Wie schön hatte ich mir das ausgemahlt: Statt zig Monate lang in Berlin übers Eis zu schlittern und zu frieren, würde ich in Südfrankreich den Winter auch mal von einer anderen, wärmeren Seite, erleben. Doch daraus wurde zumindest in den letzten paar Wochen nichts. Denn der strenge Winter der letzten Jahre, er scheint mich zu verfolgen. Anders kann ich mir jedenfalls nicht erklären, dass es auf einmal auch in Toulouse schneit und nachts bis zu -12 Grad hat. Sibirien in Südfrankreich.

 

Aber trotz der daher derzeit ähnlichen Witterungsverhältnisse in Deutschland und dem Süden Frankreichs zeigt sich hierbei dennoch ein großer Unterschied zwischen den beiden Ländern. Denn was sich für einen deutschen Winter recht normal anhört, sorgt hier für einen ziemlichen Ausnahmezustand, denn Winter in dieser Form haben die meisten Leute in Toulouse noch nicht gesehen. Angeblich soll es der kälteste Winter seit 1957 sein.

 

Dementsprechend ist auch die Infrastruktur absolut nicht auf diese Temperaturen ausgelegt. Als es beispielsweise letzten Sonntag den ganzen Tag über schneite (ca. 15 cm insgesamt) sorgte dies dafür, dass der komplette Busverkehr den ganzen Tag eingestellt wurde. Ich weiß, ich weiß, so etwas sollte ich doch von der Berliner S-Bahn gewohnt sein, die sich so was auch mal bei Plusgraden herausnimmt. Jedoch sollte dieser Betrieb wirklich nicht als Maßstab dienen. Und selbst wenn die S-Bahn dann nicht fährt, schaffen es doch immerhin ein paar Busse einen Fahrbetrieb aufrechtzuerhalten (zugegeben, wenn auch meist mit großen Verspätungen).

 

Doch auch wenn die Einstellung des Busverkehrs ärgerlich sein kann, gibt es hier ausgelöst durch das Wetter auch noch schwerwiegendere Probleme. So sind beispielsweise viele Wasserleitungen absolut nicht auf solche Temperaturen eingestellt. Dies führt dazu, dass man des Morgens aufwacht und kein Wasser mehr in der Wohnung hat (nun schon 2,5 Tage lang). Dies ist dann auch einer der wenigen Momente, wo man froh ist, diese ultra-ineffizienten Elektroheizungen in der Wohnung zu haben. Denn für genug Leute in Toulouse bedeutet das Wasserproblem zurzeit auch, dass sie keine Heizung mehr haben.

 

Am schlimmsten hat es da wohl das Viertel Le Mirail getroffen. Dort sorgen die gefrorenen Leitungen dafür, dass seit dem letzten Wochenende tausende Menschen ohne Heizung und Wasser sind. Und zusammen mit den tausenden Menschen auch die Universität Le Mirail, an der ich studiere. Dies führt dazu, dass die Universität für die ganze Woche geschlossen wurde. Zunächst, weil man große Probleme hatte, die Leitungen zu enteisen. Und jetzt, weil große Teile der Universität immer noch um die 6 Grad warm sind und sich die Gebäude erst wieder aufheizen müssen.

 

Man könnte also entspannt zu Hause sitzen und sich freuen, keine Uni zu haben. Wäre da nicht das Problem, dass viele der Häuser hier furchtbar schlecht, oder überhaupt nicht isoliert sind. Mit den bereits erwähnten Elektroheizungen ist es daher selbst auf der höchsten Stufe und unter in Kaufnahme einer horrenden Stromrechnung so gut wie nicht möglich, diese Wohnungen warm zu bekommen.

 

Bleibt also nur zu hoffen, dass die im Vergleich zu Deutschland doch deutlich südlichere Lage sich doch noch auszahlt und diese Phase hier möglichst schnell vorbei ist, während Berlin noch im März an Sibirien erinnern wird. Denn das sollte auch nicht verschwiegen werden: Es war hier dieses Jahr auch schon mal deutlich wärmer, sodass man (zumindest in Montpellier am Mittelmeer) Mitte Januar bei 18 Grad im T-Shirt am Strand sitzen konnte. Und vielleicht liegt es auch gerade daran, dass einem die Temperaturen derart zu schaffen machen. So oder so, es bleibt die Hoffnung, dass die Temperaturen hier möglichst bald aufwärts gehen – und wenn, dann richtig. Hoffentlich zumindest.


von chris am 11.Feb.2012 in globus

2 Kommentare


  1. Hendrik sagte am 16. Februar 2012 um 20:13

    eine schöne ansichtskarte auf toulouse :)
    passend dazu fiel mir heute folgender artikel in die hände: http://www.zeit.de/2012/08/WOS-Nizza

  2. chris sagte am 22. Februar 2012 um 11:51

    Ja, schöner Artikel, der die Lage treffend beschreibt.
    In der Hinsicht gibts hier in Südfrankreich echt noch deutlichen Nachholbedarf ;-).

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