Einmal quer durch Amsterdam

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Häuserfassade im Kanal

In Amsterdam gibt’s viel zu tun – von Anne Frank bis Van Gogh, Barbara hat sich umgesehen.

 

Das Erste, was man in Amsterdam bemerkt, sind die vielen Fahrräder. Als Fußgänger muss man ständig auf der Hut sein: Von allen Seiten strömen sie herbei, und auch auf dem Gehsteig ist nur ein schmaler Streifen für Laufende reserviert. Tritt man neben ihn, ertönt sofort  heftiges Klingeln oder die Hupe eines Mopeds. Es ist daher nahe liegend, sich selbst auf einen Drahtesel zu schwingen und mitzufahren – irgendwohin. Das lohnt sich nicht nur, weil man so mehr schöne Brücken überqueren und Kanäle entdecken kann, sondern auch weil man dann erst so richtig Teil der Stadt zu werden scheint. Man schießt als Teil eines menschlichen Flusses die Wege entlang und regt sich gemeinschaftlich über die Fußgängertouristen auf, die schon wieder verplant auf der Fahrbahn herumstehen. Räder mieten kann man stunden- oder tageweise, wobei die Tage ziemlich günstig sind und einem eine entspanntere Entdeckung der Stadt ermöglichen. Sechs Euro pro Rad und Tag sind da nicht unmöglich, und Jugendherbergen haben manchmal Vereinbarungen mit Vermietern – nachfragen lohnt sich.

 

Radfahren gehört in Amsterdam einfach dazu

Als erste Station kann man sich, nach einiger Bewunderung von Architektur und Wasserwegen, zum Beispiel das Rijksmuseum heraussuchen. Die Nachtwache von Rembrandt ist ja irgendwie jedem ein Begriff. Und auch für Menschen wie mich, die grundsätzlich nicht viel mit diesem Künstler anfangen können, lohnt sich ein Besuch allein schon wegen dieses einen Bildes. Ein lebhaftes, gewaltiges, vom meisterhaft auf die Leinwand gepinselten Licht verzaubertes Gemälde. Mein Lieblingsdetail: der Schatten der Hand.

 

Kunst macht hungrig. Gerade für den Fastfood-Hunger hat Amsterdam einiges zu bieten, sind doch die Holländer Meister im Frittieren. Noch nie habe ich so knusprige Pommes gegessen wie in Amsterdam, dasselbe gilt auch für Falafel, und natürlich für die berühmten „Bitterballen“, frittierte Fleischbällchen, die man in Senf tunkt. Sind lecker, so lange man nicht zu sehr darüber nachdenkt, woraus das weiche Innere eigentlich bestehen könnte. Auch Käse wird von den Holländern gerne frittiert, der isst sich aber besser ohne die knackige Hülle. In manchen Käseläden kann man sogar nach Lust und Laune probieren – oder man kauft sich ein paar verschiedene Sorten, sucht sich im Supermarkt noch Wein und Brot dazu aus, und geht dann in den Park.

 

Bitterballen mit Senf

Der Vondelpark ist der bekannteste Park in Amsterdam. Bei schönem Wetter versammeln sich hier tausende Einheimische und Touristen, wovon die Einheimischen natürlich wesentlich interessanter zu beobachten sind. Als wir dort waren, grillte gerade eine Gruppe ein komplettes Spanferkel über einem Feuer. Eine andere lag ganz klassisch unter einem Baum und, äh, rauchte.

 

Einen Überblick von Amsterdam zu geben und nicht wenigstens kurz auf Sex und Drogen einzugehen ist wie auf einer Karte von Paris den Eifelturm wegzulassen. Das ist zwar ein bisschen schade, weil die Stadt auch ohne diese Dinge definitiv besuchenswert und bildhübsch ist, und doch scheint ein Gang durch das Rotlichtviertel Pflichtprogramm – ob man aber wirklich unbedingt kiffen oder an Pilzen herumknabbern muss, das sei mal dahingestellt.

 

Und so läuft man los. Eine Glastür reiht sich an die nächste – ja, die meisten davon sind Türen und nicht Fenster, macht ja auch Sinn. Die Damen dahinter sind alle Freiberuflerinnen; oft tun sich einige von ihnen zusammen, um die Türen und dahinter liegenden Räume gemeinsam zu mieten. Und dass in der Mitte des Viertels eine der schönsten und prächtigsten Kirchen der Stadt liegt, ist kein Zufall: wenn damals die Seefahrer von ihren langen Reisen zurück kamen, sich Mut antranken und durch die ein oder andere Glastür traten, wachten sie am nächsten Morgen mit einem von schweren Sünden beladenen Gewissen auf. Ein Glück, dass man in der so praktisch gelegenen Kirche auch Ablassscheine erstehen konnte…

 

Wer genau hinschaut, sieht mehr – im Rotlichtviertel

Eine weitere Station auf dem Pflichtprogramm, von der Stimmung her allerdings komplett gegenteilig, ist das Anne Frank Museum. Hier lohnt es sich wie in keinem anderen Museum von Amsterdam, die Karten im Voraus online zu kaufen. Dadurch spart man sich das stundenlange Anstehen und verschwindet unter den neidischen Blicken der Wartenden durch einen Nebeneingang. Ist man drin, fallen einem schnell die fehlenden Möbel auf. Wo Anne Frank und ihre Familie einst wohnten sind die Räume beklemmend leer. Hinter dem drehbaren Bücherregal eröffnen sich den Interessentenströmen die abgedunkelten, kleinen Räume des Verstecks, dessen Enge gerade aufgrund der vielen Besucher eine fast nicht auszuhaltende Klaustrophobie hervorruft. Nur an der Wand von Annes Zimmer hängen noch die verblichenen Bilder, die sie damals aus Zeitschriften ausgeschnitten hat. Journalistin wollte sie werden. Die Originaltagebücher sind in einem separaten Gebäude ausgestellt. Ein Besuch, den man erst mal verdauen muss.

 

Noch ein berühmter Holländer, den es sich zu besuchen lohnt, ist Van Gogh. Man meint ja, man kenne so langsam seine Sonnenblumenbilder: jedes zweite Hotel scheint einen Klassensatz billiger Drucke davon auszustellen, die Blumen ranken sich über Schirme und Taschen dass man sie fast schon besser kennt als die Mona Lisa. Steht man allerdings mal vor einem der echten Exemplare, staunt man trotzdem – und das nicht nur, weil man näher dran kann als an die Mona Lisa und nicht drei Scheiben schussfestes Glas die Kamerablitze abschwächen. Als ich im Van Gogh Museum war, hingen die Sonnenblumen auf gelbem Grund aus. Und noch so einige tolle Werke, für die man sich hier unbedingt Zeit nehmen sollte. Freitagabends hat das Museum übrigens länger offen und oft Sonderveranstaltungen auf dem Programm, die man ohne extra Kosten miterleben kann. Bei uns war es ein kleines Jazzkonzert.

 

Kanal bei Nacht

Als wir am ersten Tag unsere frisch gemieteten Fahrräder gerade aus dem Laden geschoben hatten, fing es übrigens an, zu regnen. Wir fuhren trotzdem los. Der Regen wurde stärker. Wir fuhren weiter. Der Regen wurde noch stärker, und als wir schließlich komplett durchnässt waren, krochen wir endlich in einem Café unter und bestellten uns einen Pfefferminztee. Bis der Tee, wie in Amsterdam üblich mit frischen Pfefferminzblättern zubereitet, vor uns stand, hatte es wieder zu regnen aufgehört. Fazit: Man stelle sich beim ersten Tropfen schon unter und sitze einfach die Viertelstunde aus, bis es wieder sonnig wird. Daran hielten wir uns und irgendwann war unsere Kleidung auch endlich wieder trocken. Es ist nicht garantiert, dass es nicht auch in Amsterdam mal stundenlang schiffen kann, aber erstmal einen Tee zu trinken ist hier nie verkehrt. Wer schnell radelt, findet vor einsetzendem Sturzregen vielleicht auch noch eines der vielen alternativ angehauchten Cafés, denn vegi und vegan, alte Sofas und schräge Deko sind auch in Amsterdam durchaus vertreten.

 


von barbara am 24.Okt.2012 in globus

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