Kommentar aus der Steinzeit

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Screenshot von Hevelings gehackter Seite

„Netzgemeinde, ihr werdet den Kampf verlieren!“. Mit dieser Überschrift beginnt Ansgar Hevelings Gastbeitrag für das Handelsblatt, nach der sich schon erahnen lässt, was in der Folge kommen wird. Und siehe da, Heveling ‚enttäuscht’ nicht: Der anschließende Text ist eine einzige Aneinanderreihung von Anschuldigungen und wirren Verknüpfungen, immer in martialischster Rhetorik. Beispiel gefällig?!

 

Wenn wir nicht wollen, dass sich nach dem Abzug der digitalen Horden und des Schlachtennebels nur noch die ruinenhaften Stümpfe unserer Gesellschaft in die Sonne recken und wir auf die verbrannte Erde unserer Kultur schauen müssen, dann heißt es, jetzt wachsam zu sein.

 

Das Web 2.0 wird bald Geschichte sein. Es stellt sich nur die Frage, wie viel digitales Blut bis dahin vergossen wird.

 

Der zu erwartende Shitstorm kam prompt. Ansgar Hevelings Seite wurde gehackt, woraufhin dort zu lesen war, dieser habe versagt und wolle aus der CDU austreten. Ebenso zu finden war eine Abhandlung darüber, „Warum der Begriff ‘Geistiges Eigentum’ falsch ist“, berichtete SPIEGEL-Online. Auf Twitter fanden sich schnell etliche Tweets über Heveling, wie „Ansgar Heveling hatte 1962 die Beatles weggeschickt mit den Worten: ‘Gitarrenmusik ist ohnehin nicht gefragt.’“, oder „Heveling: Niemand hat die Absicht eine Firewall zu errichten.“. Dass sich Heveling aber über die Folgen, die sein Kommentar zwangsweise auslösen würde, scheinbar nicht bewusst war, sagt eigentlich alles über seine netzpolitische Kompetenz und diskreditiert damit einmal mehr seine ‚Ausführungen’.

 

Doch neben all dem mehr als gerechtfertigten Spott über Heveling, ist auch eine etwas ernstere Betrachtung der Sache notwendig.

 

Ein Internethasser als Mitglied der Enquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft“?!

 

Eindeutig, hier ist ein konservativer Internethasser am Werk. Die soll es ja geben. Im Grunde wäre das ja auch ganz egal. Nicht jedoch, wenn mit dem persönlichen Kampf gegen die „Netzgemeinde“ und deren Verständnis vom Urheberrecht massiv Politik für die Unterhaltungsindustrie betrieben wird. Denn genau dies macht Heveling indem er strengste Gesetze für das Internet fordert und die zu Recht mehr als umstrittenen US-Gesetzesvorschläge SOPA und PIPA preist. Noch beunruhigender wird das ganze dann noch, wenn jemand wie Heveling in der Enquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft“ sitzt und somit netzpolitisch mehr zu sagen hat, als uns lieb sein kann.

 

Gleichzeitig sagt dies aber auch alles über die CDU, die Partei, die diesen Mann in eine solche Kommission schickt. Entweder gibt es in der CDU also niemanden der kompetenter in Sachen Internet ist, oder man wollte dort genau so einen Hardliner sitzen haben. Vielleicht auch beides.

 

Wen wundert da noch das Piraten-Hoch?!

 

So jedoch, wird die CDU wohl wahrscheinlich für immer in der ewiggestrig-konservativen Ecke feststecken bleiben. Da nützt dann auch all das – teils unbeholfene – Getwittere nichts, das CDU-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier neuerdings sendet. Doch damit steht die CDU nicht alleine. Sie stellt zwar unter den größeren Parteien eindeutig den Gipfel digitaler Inkompetenz dar, doch zeichnen sich die anderen etablierten Parteien meist auch nicht gerade durch ernstzunehmende Netzpolitik, oder den guten Umgang mit neuen Medien aus. Und da wundert’s noch Leute, dass die Piraten bundesweit bei 8% stehen?!

 

Geschichten, wie dieses Pamphlet gegen das Internet im Allgemeinen und die Piraten im Konkreten, nützen daher letztlich auch nur diesen. Bessere Werbung gibt es eigentlich nicht, als ein erklärter Piraten-Gegner, der mit seiner Kritik aufs Kläglichste scheitert und somit die Gegenseite automatisch attraktiv macht.

 

Fragt sich also letztlich, wieso es dazu kam, dass Ansgar Heveling diesen Gastbeitrag im Handelsblatt veröffentlichen durfte. An der Qualität des Artikels kann es wohl nicht gelegen haben. Viel wahrscheinlicher scheinen hingegen aber die Gründe, die Thomas Knüwer auf seinem Blog Indiskretion Ehrensache nennt. Dieser geht – als ehemaliger Handelsblatt-Mitarbeiter – davon aus, dass man sich um das mediale Echo, ausgelöst durch den Shitstorm, sehr wohl bewusst war. Denn auch wenn der Grund, aus dem die Leute auf die Handelsblatt-Seite kommen zunächst kein positiver ist, so ist die Tatsache, dass sie kommen, aus Sicht des Handelsblatt auf jeden Fall positiv: Mehr Klicks, mehr Aufmerksamkeit um jeden Preis. Das Ganze sei demnach also von vornherein einkalkuliert und allen klar gewesen. Allen außer Ansgar Heverling.


von chris am 31.Jan.2012 in politik

1 Kommentar


  1. Tobias sagte am 10. Februar 2012 um 09:42

    Ansgar Heveling sagt dem Netz den Kampf an und alle so YEAH!

    Ich glaube, dass Du recht hast. Der Text Hevelings ist so offensichtlich fatal, dass es schon ein gutes Stück Ignoranz erfordert die Folgen nicht abzusehen…

    Daher stellt sich mir jedoch die Frage, ob Heveling tatsächlich vom Shitstorm auf dem digitalen “Schlachtfeld” überrascht wurde. Vielleicht folgt das ganze auch eher der Maxime “Es gibt keine schlechte Presse” und ist ein sehr geschickter Versuch in der Tagespresse über sich reden – und sich in Hardliner-Kreisen einen Namen zu machen sowie zu positionieren.

    So oder so kommt einem der Zauberlehrling in den Sinn:
    „Die ich rief, die Geister, / Werd’ ich nun nicht los.“

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