Triumph mit schalem Beigeschmack

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Foto: Axel Kuhlmann (CC BY 2.0)

Die SPD ist in diesen Tagen im Siegesrausch. Im Februar wurde nach der Bürgschaftswahl in Hamburg bereits die Schwarz-Grüne Koalition von der SPD abgelöst, wobei die SPD die absolute Mehrheit der Sitze erreichte. Gestern nun schaffte der Mecklenburgische SPD-Ministerpräsident Erwin Sellering den erneuten Wahlsieg, mit einer deutlichen Zunahme der Stimmenanteile um 6 %. In wenigen Wochen findet die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus statt und wahrscheinlich glaubt nicht mal mehr Renate Künast noch daran, dass Klaus Wowereit die dritte Amtszeit als Regierender Bürgermeister streitig gemacht werden kann.

 

Und diese Siegesserie könnte sich auch noch weiter fortsetzen, liegt die SPD doch auch in den Umfragen für die nächstes Jahr in Schleswig-Holstein stattfindende Landtagswahl nach der Affäre um den CDU-Spitzenkandidaten Christian von Boetticher deutlich in front.

 

Von da an, so scheint es fast, ist es dann nur noch ein kleiner Weg, bis die SPD auch nach der nächsten Bundestagswahl, die voraussichtlich 2013 stattfinden wird, als Sieger vom Feld geht in einer dann Rot-Grünen Koalition.

 

Doch woher kommt der plötzliche Wiederaufstieg der SPD, einer Partei die noch vor zwei Jahren nach der Bundestagswahl 2009 mit dem schlechtesten Wahlergebnis in ihrer Geschichte vollkommen am Boden lag? Was macht die SPD zurzeit, dass dies einen derartigen Höhenrausch erklären würde.

 

Die Antwort darauf muss aus SPD-Sicht sehr ernüchternd ausfallen. Denn die Partei tut und kann relativ wenig für ihre derzeitige hervorragende Situation. Vielmehr wird sie in hohem Maße begünstigt durch die Probleme und den Absturz Anderer.

 

So befinden sich die CDU und in noch viel stärkerem Maße die FDP seit der letzten Bundestagswahl im totalen Sinkflug. Von Beginn an gab es unglückliche Entscheidungen und klare Fehler die zu immer größerer Unruhe in der Koalition geführt haben und zu mehr und mehr Unmut in der Bevölkerung führten. Dieser Zeigt sich aber nicht nur in den schlechten Umfragewerten von CDU und FPD auf Bundesebene (die CDU ist auf dem schlechtesten Stand in ihrer Geschichte, die FDP hat seit der Wahl 10% verloren und kämpft auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit nun nur noch mit der 5-Prozent-Hürde).

Stattdessen schlägt die schlechte Stimmung im Bund direkt auch auf die Wahlausgänge in den Ländern aus. In Hamburg verlor die CDU 20% und die Regierungsmehrheit. In Baden-Württemberg war die CDU klarer Wahlverlierer und die FDP flog gar ganz aus dem Landtag. Auch jetzt in Mecklenburg-Vorpommern verlor die CDU stark, die FDP sogar noch stärker und landete bei mageren 2,7%.

 

Natürlich könnte man denken, dass diese Ergebnisse daraus resultieren, dass die SPD es zurzeit schafft, den richtigen Ton anzuschlagen und mit ihrer Politik die richtigen Antworten auf die derzeitigen Probleme liefert und sich so als klar bessere Alternative zu CDU und FDP herauskristallisiert. Doch dem ist nicht so.

 

Im Gegenteil hat sich die SPD seit der Wahlniederlage 2009 inhaltlich kaum weiterentwickelt. Zwar fand in der Partei eine teilweise Abkehr von Hartz IV statt, jedoch nur wenig überzeugend, besonders falls der kommende Kanzlerkandidat der Hartz IV-Verfechter Peer Steinbrück sein sollte. Auch in anderen aktuellen politischen Fragen zeigt sich die SPD in ihrer Haltung entweder sehr gespalten, oder vertritt einfach nur derartig schwache Positionen, dass allein daraus keine Oppositionshaltung, geschweige denn eine klare Alternative zu Schwarz-Gelb zu erkennen wäre.

 

Nein, die Stärke der SPD ist Momentan nichts anderes als die Schwäche ihrer Gegner. Waren es im Frühjahr noch vor allem die Grünen, die als Profiteure der Schwarz-Gelben Malais galten, und dem eine vermeintliche Alternative entgegenzusetzen zu hatten. So ist es Momentan immer mehr die SPD, die von der Schwäche ihrer Gegner profitiert, während die Grünen zwar weiter zulegen können, der regelrechte Hype des Frühlings jedoch etwas abgeebbt ist.

 

Was genau die Bürger in diese Republik nun dazu bewegt, zurzeit gerade die SPD zu der von ihnen präferierten Alternative von Schwarz-Gelb zu machen, ist schwer verständlich. Am wahrscheinlichsten ist wohl – und dies wäre sehr traurig für unser Land – geschieht es ganz einfach aus Mangel an Alternativen, oder zumindest sehen die neuen SPD Befürworter im Augenblick keine andere Alternative als diese Partei. Was nun schlimmer ist, also dass die aktuelle SPD zur großen Alternative erklärt wird, oder dass die Menschen in diesem Land nicht in der Lage sind, etwas Besseres als Alternative anzusehen, ist schwer zu sagen.

 

Fest steht jedoch: Die SPD ist der aktuell große Profiteur schwarz-gelber Selbstauflösung, wofür sie jedoch herzlich wenig kann. Vielen Leuten scheint jedoch regelrecht einfach nichts Besseres einzufallen, als ein Kreuz bei der SPD zu machen, um so ihren Unmut über die aktuelle Bundesregierung zu äußern. Das die Politikverdrossenheit in unserem Land, angesichts dieser Lage nicht noch viel größer ist, grenzt da schon fast an ein Wunder.

 

Das die aktuelle Tendenz zudem ein klares verhaftet sein des bundesbürgerlichen Denkens im Bereich der alten großen Parteien zeigt, ist eindeutig und traurig zugleich. Aber es ist die Realität, der sich gestellt und an die angeknüpft werden muss: Wie kann dieses Denken aufgebrochen werden? Wie können andere politische Alternativen an Bedeutung gewinnen? Oder: Wie könnte es  gelingen die SPD wirklich wieder zu einer Alternative zu machen und sie aus ihrer derzeitigen Beliebigkeit zu befreien?

 

Welche Frage davon am leichtesten zu beantworten sein wird, ist schwer zu sagen. Sicher ist jedoch, die SPD aus ihrer derzeitigen Beliebigkeit zu befreien, würde ein äußerst ambitioniertes Projekt. Dies wird allein schon deutlich, wenn man die Antwort des derzeitigen Vorsitzenden Sigmar Gabriel auf die Frage hört, wie er die Partei strategisch aufstellen wolle. Dieser entgegnete nämlich: „Kann ich ihnen sagen. Wir gewinnen eine Wahl nach der anderen, das ist ganz einfach.“ So viel dann also zur inhaltlichen Ausrichtung von Seiten des Parteivorsitzenden.


von chris am 07.Sep.2011 in politik

1 Kommentar


  1. Was allen etablierten politischen Parteien in Europa zZ fehlt ,sind die Zukunftsperspektiven. Die alte Einteilung in politische Klassen hat sich erübrigt. Damit sind auch die Parteiprogramme nicht mehr das Papier wert auf das sie geschrieben wurden. Im Augenblick wird in Europa nur reagiert und nicht agiert. Die Machtverhältnisse haben sich zugunsten der Finanzmärkte verschoben. Oft hat mich die Politik der vergangenen Jahre -egal ob von links oder rechts- an die Ballade vom Zauberlehrling erinnert: Die Politik kann die Geister die sie rief nun nicht mehr beherrschen. Die Globalisierung in Verbindung mit der Liberalisierung der Kapitalströme fragt nicht mehr nach der Befindlichkeit der Menschen. Menschen, Bürger sind Verfügungsmasse und haben sich in den Prozess der Geldvermehrung einzugliedern oder Beiseite zu treten.
    Die erste Frage muß also lauten: Wie bekommt Politik Entscheidungsmacht und natürlich damit auch Entscheidungskompetenz zurück? Hier wäre zuerst die Analyse der finanzpolitischen IST-Situation unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Wähler-Bürger Zielgruppe zu betrachten .Ebenfalls anzudenken ist eine philosophische Analyse der momentanen gesellschaftlichen Situation. Daraus resultierend könnte ein neues Partei-Programm Weichen für die Zukunft stellen. Allerdings können solche Aktivitäten nur Erfolg haben, wenn sie durch eine europaweite Koordination, die politischen Interssensgruppen -über nationale Ländergrenzen hinweg- vereinen. Sollten die etablierten Parteien nicht endlich auf die Herausforderungen der Finanzmärkte reagieren, droht ihnen der Abstieg in die politische Bedeutungslosigkeit .

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