Die feinen Unterschiede #3 – Rugby

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"Les Bleus" auf dem Weg ins Finale. Foto: Stewart Baird (CC BY 2.0)

Tausende Leute stehen gebannt vor riesigen Leinwänden. Menschenmengen bevölkern die Bars und Kneipen und fiebern mit sobald der Anstoß erfolgt. Für uns Deutsche hört sich das sehr vertraut an. Sind wir ein solches Verhalten doch vom Public Viewing gewöhnt. Bei allen großen Fußballturnieren der letzten Jahre fand dieses Verhalten statt, dass sich so genannte ‚Schland’-Fans auf den Plätzen deutscher Städte versammelten, um gemeinsam das Spiel der Nationalelf zu verfolgen. Dieses Phänomen gibt es auch in Frankreich. Der Grund, wieso jedoch seit ca. eineinhalb Monaten jeden Samstag die Plätze Südfranzösischer Städte voller Fans sind, hat nichts mit Fußball zu tun. Nein. Die Leute strömen herbei um Rugby zu schauen.

 

Rugby?! Ja ganz richtig! Was in Deutschland die wenigsten von American Football unterscheiden können und eindeutig den Status einer Randsportart genießt, ist Frankreich Nationalsport. Gemeinhin wird normalerweise angenommen, dass in Frankreich, wie auch in Deutschland, Fußball die populärste Sportart ist. Dies stimmt teilweise zwar auch, jedoch ist besonders in Südfrankreich Rugby bei den Leuten der klare Favorit. Am stärksten ist diese Tendenz in Toulouse erkennbar, der französischen Rugby-Hauptstadt. Der dort beheimatete Verein Stade Toulousain ist für die Rugby-Welt nämlich in etwas das, was der FC Barcelona im Fußball ist: Das wahrscheinlich beste Team der Welt, das auch dementsprechend weltweit bekannt ist (zumindest in allen Rugbynationen).

 

Obwohl das junge Fußballteam des Toulouse FC derzeit den respektablen sechsten Platz der Ligue 1 belegt, gehört doch die meiste Aufmerksamkeit in der Stadt Stade Toulousain und dem Rugby. Besonders grade jetzt, da die Rugby-Weltmeisterschaft in Neuseeland ausgetragen wird. So eine Rugby-WM dauert auch noch einmal deutlich länger als beispielsweise die Fußballweltmeisterschaft, da zur besseren Regeneration der Spieler nur jedes Wochenende Spiele stattfinden. Aufgrund der Zeitverschiebung nach Neuseeland bedeutet dies für die französischen Fans, dass Ausschlafen am Wochenende nicht drin ist. Ihr Team spielte nämlich bisher meist samstags mit einer Anstoßzeit zwischen 8 und 10 Uhr morgens.

 

Dies hält sie jedoch nicht ab, sich in Scharen zum Public Viewing zu versammeln oder es in großen Runden mit Freunden privat zu schauen. Wenn das Spiel vorbei ist und gewonnen wurde, folgt natürlich auch in Frankreich der fast schon obligatorische Autokorso. Da Frankreich bisher meist gewann, „durfte“ man davon oft genug Zeuge werden. Doch damit nicht genug. Nach dem bisher sehr erfolgreichen Turnierverlauf steht Frankreich nämlich nun am Sonntag gegen die Gastgeber aus Neuseeland im Finale des Turniers. Aus verschiedenen auch in der taz beschriebenen Gründen ist dabei quasi die ganze Rugbywelt gegen Frankreich und hofft auf einen Sieg Neuseelands. Als jemand, der am Sonntag nicht unbedingt von einem Autokorso und kollektiver Feierei geweckt werden möchte, kann man sich dem nur anschließen.

 


von chris am 23.Okt.2011 in globus

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