Plattenbesprechung: Laura Marling – A Creature I Don’t Know
Nur eineinhalb Jahre nach ihrem letzten Album I Speak Because I Can erscheint nun also schon die nächste Langspielplatte der erst 21-jährigen Britin, für die es bereits das dritte Soloalbum ist. Eigentlich war die Platte sogar schon für Ende letzten Jahres angekündigt, der Veröffentlichungstermin verschob sich allerdings… Vor zwei Wochen, kam das Album in England heraus. Aber was soll man da meckern? Das Warten hat sich verdammt gelohnt – herausgekommen ist ein sehr schönes fröhlich-freches Folk-Album, dessen zehn Songs wirklich gut sind.
Los geht es dabei mit dem fröhlichen „The Muse“ das mit seinen Banjoeinsätzen nur so vor Unbeschwertheit strotzt und gespannt macht auf die nächsten Songs, da es einen gradewegs in das Album eintauchen lässt. Der zweite Song „I Was Just A Card“ ist ebenfalls fröhlich, jedoch auf eine andere Art. Mehrere Wechsel schneller und langsamer Passagen machen den Song schwer greifbar, geben ihm ein eigenwilliges Profil, das diesem äußerst schönen Folk-Pop-Song angemessen ist, der seine besondere Klasse unter anderem durch die immer wieder auftauchenden Bläser gewinnt.
Deutlich ruhiger geht es in der Folge mit dem Lied „Don’t Ask Me Why“ weiter, das jedoch keineswegs abfällt. Durch die gut eingesetzten Streicher gewinnt er vor allem an Zärtlichkeit und hört sich zum Ende hin an wie der perfekte Song für laue Sommernächte, die es dieses Jahr viel zu selten gab. Nahtlos folgt „Salinas“, der aber schnell deutlich macht, dass er ganz anders gelagert ist: Zunächst bestimmt von Banjo und E-Gitarre wird die E-Gitarre mit der Zeit immer Dominanter und macht den Song zusammen mit dem stärkeren Schlagzeug immer rockiger und dreckiger. Spätestens da sollte jedem klar sein, dass es sich hier nicht um eine normale, zur Belibigkeit neigende Folkplatte handelt. Es sind diese Elemente, die Marlings Musik immer wieder von dem gegenwärtigen Folk abheben. Dies führt sie auch mit dem folgendem „The Beast“ weiter, dessen verzerrte Gitarren nahtlos an „Salinas“ anknüpfen und zum Ende hin noch deutlich dreckiger – und einfach großartig sind.
Auch die folgenden Songs sind gut, besonders „Rest In The Bed“, das sich langsam aufbaut und dessen Highlights die wunderschönen Chorpassagen sind. Die weiteren Höhepunkte bilden jedoch die beiden letzten Songs des Albums. Zuerst kommt „Sophia“: Beginnend nur mit Akustikgitarre, gesellen sich nach und nach eine Reihe weiterer Elemente hinzu, die mit dem Einsetzen des Schlagzeugs endgültig die zweite Etappe des Songs einleiten. Viel beschwingter und fröhlicher und durch die abschließenden Chorgesänge fast hymnenhaft.
Ein ähnlicher Eindruck, wie ihn auch der letzte Song der Platte, „All My Rage“ hinterlässt. Auch dieser beginnt zunächst nur mit Marlings wundervollem Gesang den sie auf der Akustikgitarre begleitet. An Fahrt gewinnt der Song dann mit Einsetzen des Banjos und steigert sich durch den Chor zum abschließenden Höhepunkt des Albums, der gleichzeitig ein versöhnliches Ende bedeutet („All my rage been gone, I leave my rage to the sea and the sun“) und einen mit Sicherheit glücklich zurück lässt.
Laura Marlings drittes Album lässt sich also als mehr als gelungen bezeichnen. Mit den vielen verschiedenen Elementen in ihren Songs hebt sie sich durchweg über das Gros derzeitiger Folkbands ab. Besonders die E-Gitarren verleihen dem ganzen eine besondere Note, die manchmal an PJ Harvey erinnert. In Kombination mit ihrer fantastischen Stimme ergibt dies eine unverwechselbare Künstlerin, deren Album nicht ohne Grund von den Kritikern riesiges Lob bekommt. Laura Marlings Album ist zum Beginn des Herbstes genau die Musik, die den viel zu kurzen Sommer weiter in unseren Köpfen hält und mit der sich auch kältere Zeiten gut überstehen lassen.
Laura Marling – The Muse
Laura Marling – Sophia