In zwei Wochen durch den Iran #1: Erste Eindrücke

0

In zwei Wochen durch den Iran: #1 Erste Eindrücke

Gestern Mittag lief ich noch durch Neukölln, mein Praktikum war gerade abgeschlossen. Der erste Schritt gen Teheran war noch klein – mit der Bahn zum Flughafen – aber nach weiteren elf Stunden, viel Warten und mehreren großen Schritten haben Anton und ich es dann um 2:30 in der Nacht endlich geschafft und kommen, wenn auch etwas übermüdet, am Teheran Imam–Khomeni–Airport an.

 

Das erste was wir dann zu hören bekommen, lautet ungefähr so: „Nein, auf keinen Fall könnt ihr ein Visum bekommen, kein Wenn und Aber!“ Mit etwas Überzeugungsarbeit und Geduld stehen wir dann doch noch um 5 Uhr morgens endlich vor dem Flughafen. Anbei sei allerdings gesagt: Im Vergleich dazu, wie ein Iraner in Deutschland am Flughafen empfangen würde, hätte er kein Visum, keine Kontakte, und nicht mal eine Hotelreservierung oder irgendeine Idee, was er die nächsten zwei Wochen lang machen werde, will ich mich über die Behandlung am Teheraner Flughafen nicht beklagen…

 

Nichtsdestotrotz, es ist fünf Uhr und wir müssen weiter. Also zum Taxi und für zehn Euro pro Person ins 35 km entfernte Herz von Teheran. Ein Hotel haben wir, wie gesagt, vorab nicht gebucht. Lonely Planet sei Dank sind wir gegen 7 Uhr morgens dann aber doch in einem ganz netten Hotel angekommen und können endlich etwas Schlaf tanken. Preis pro Nacht für 2 Personen mit Frühstück und Internet: 450.000 Rial, also ca. 23 Euro.

 

Kleine Kuriosität am Rande: Noch nie davor habe ich es gesehen, dass man die Matratze auf den Boden und dann ein Brett darauf legt. Dementsprechend hart ist der Schlaf an diesem Morgen.

 

Am nächsten Mittag geht es dann los in die Stadt. Zu Fuß und ohne konkreten Plan – einfach ein paar Impressionen sammeln.

 

Teheran. Viel gesehen habe ich bis jetzt noch nicht, aber Vergleiche zu Kairo drängen sich auf. Wieder eine dieser riesigen Städte, chaotischer Verkehr, viele Menschen und Autos. Aber Kairo ist doch deutlich ärmer, deutlich chaotischer und einfach noch einen ganzen Tick größer. Als wir am Abend um 23 Uhr heimgehen, sind die Straßen menschenleer. Insbesondere in den riesigen Metrostationen ganz schön faszinierend angesichts einer so großen Stadt.

 

Menschen: Auch hier verstehe ich natürlich noch nicht so viel, aber neben Persern laufen viele Azeris, Afghanen und der ein oder andere Araber umher. Bisher lassen sich unsere Kontakte als vorsichtig und höflich beschreiben. Alle sind sehr nett, aber große Kommunikationsschwierigkeiten und einfach eine gewisse Unsicherheit bezüglich des Umgangs dominieren bisher.

 

Preise: Teheran gilt als einer der teuersten Orte des Iran, vor allem der schicke Norden, und das merkt man auch. Verwirrend ist am Anfang die Währung: Obwohl die Scheine Rial sind, stehen Preise meist in Tomar ausgeschrieben. Ein Tomar sind zehn Rial – das ist also nicht kompliziert, aber eben etwas gewöhnungsbedürftig. Wie wenn man in Deutschland einen neuen Laptop kaufen wollte und der kostete dann 45 – aber eben Zehner, nicht einzelne Euros.

 

Sprache: Wie gesagt problematisch, die Leute sprechen Azeri, Farsi und Türkisch, aber wenig Englisch, bis jetzt zumindest.

 

Sicherheit: Die Präsenz des Staates – zumindest die sichtbare – hält sich sehr in Grenzen, bis auf ein paar Verkehrspolizisten und ein paar unbewaffnete Armeeangehörige ist mir da noch nicht viel aufgefallen – im Vergleich zu Ägypten also quasi nichts. Aber irgendwie kommt mir da Syrien in den Kopf (2009 war ich dort), wo die Präsenz auf den ersten Blick gering war, wenn man sich aber ein bisschen besser auskannte, fielen einem plötzlich die Unmengen an unscheinbaren Lotteriescheinverkäufern auf, die diese Tätigkeit eben nur nebenberuflich ausführten und – laut Syrern – allesamt dem Sicherheitsapparat angehörten. Das ist einfach alles noch schwer einzuschätzen, aber Probleme hatten wir bisher noch keine.

 

Touristen: Andere westliche Touristen gibt es kaum, mit den beiden die gerade im Hotel angekommen sind, sind wir jetzt sieben, uns eingeschlossen. Abends waren wir noch im schickeren Teheraner Norden, vegetarisch Abendessen in einer Kunstgalerie. Viele Diskussionen an den Nachbartischen, von denen man aber leider kein Wort verstand und eine sehr entspannte Atmosphäre erwarteten uns dort. Keine 24 Stunden im Land ist uns bereits klar: Das wird eine gute Tour.

 

Ein Manko ist uns aber bereits aufgefallen: Im Vergleich zu Ägypten gibt es in Teheran eine sehr dürftige Kaffeehausdichte. Ob dies daran liegt, dass die Iraner reicher als z.B. die Ägypter sind und deshalb schönere Wohnzimmer haben, oder ob man sich aufgrund der politischen Situation hier einfach mehr ins private zurückzieht, oder es einen ganz anderen Grund gibt, sei dahingestellt.

 

Insgesamt betrachtet ist alles aber einfach viel weniger stressig als erwartet und das macht natürlich Lust auf mehr. Für den Folgetag haben wir daher den Plan, weiter nach Yazd, südöstlich von Teheran zu fahren.

 

 


von gastautor am 08.Okt.2012 in globus

Lass mal was da im Kommentarformular...


Mit dem Abschicken Deines Kommentars
akzeptierst Du die Nutzungsbedingungen